GEMA kann trotz fehlenden Tarifs angemessene Vergütung für Musiknutzung verlangen – „Bochumer Weihnachtsmarkt“
Die GEMA ist auch dann berechtigt, von einem Nutzer der von ihr wahrgenommenen Rechte die angemessene Vergütung zu verlangen, wenn sie entgegen ihrer Verpflichtung aus § 13 I 1 UrhWG keinen eigenen Tarif für den fraglichen Verwertungsvorgang aufgestellt hat.
Das vorgeschaltete Schiedsstellenverfahren hat eine Vermutung der Anwendbarkeit und Angemessenheit für sich.
Strittig war in dem fraglichen Verfahren die Höhe des von der GEMA zu beanspruchenden Schadensersatzes. Die GEMA hat bei unentgeltlich zugänglichen Veranstaltungen unter freiem Himmel auf öffentlichen Plätzen für die Wiedergabe von Tanz- und Unterhaltungsmusik Schadensersatz vom Veranstalter verlangt. Diesen berechnete sie nach den Tarifen U-VK I (Allgemeine Vergütungssätze für Unterhaltungs- und Tanzmusik mit Musikern) und M-U I (Allgemeine Vergütungssätze für Unterhaltungs- und Tanzmusik mit Tonträgerwiedergabe). Die Berechnung der Fläche erfolgte dabei nach der Größe der Veranstaltungsfläche, gerechnet vom ersten bis zum letzten Stand, von Häuserwand zu Häuserwand.
Da es für Freiluftveranstaltungen keinen passenden Tarif der GEMA gab, durfte diese nach den Tarifen U-VK I und M-U I abrechnen bzw. ihren Schaden berechnen. Ein Verstoß gegen § 13 UrhWG, wonach eine Verwertungsgesellschaft verpflichtet ist, Tarife über die Vergütung aufzustellen, die sie aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte und Ansprüche fordert, hindere nicht die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs.
Der Einigungsvorschlag der Schiedsstelle habe eine gewisse Vermutung der Angemessenheit für sich. Die Bemessung vom ersten bis zum letzten Stand und von Häuserwand zu Häuserwand sei nicht willkürlich, sondern angemessen. Die Musik auf den Bühnen präge die gesamte Veranstaltung. Ferner sei bereits aus Praktikabilitätsgründen ein durch Sachverständige kostenaufwendig zu berechnender physikalisch relevanter Beschallungsbereich nicht ermittelbar.
(BGH: Urteil vom 27.10.2011 - I ZR 175/10)